Klaus Neumann Vita
Das nachfolgende Gedicht von Ute Eichler war einer meiner Beweggründe den Beruf des Schauspielers zu ergreifen.
„Etwas bewegen“
Es sind nicht so sehr
die großen Momente,
die des Rufens, Lachens, Pfeifens, Staunens,
des enthusiastischen Klatschens und Raunens.
Oft sind es vielmehr
die kleinen Momente.
Ein Augenblick im Publikum.
eine leise Sekunde – still, doch nicht stumm –
wenn plötzlich kein einziger Stuhl mehr knarrt,
keine Sohle mehr über den Boden scharrt.
der Atem stockt – nur kurze Zeit,
doch lang wie eine Ewigkeit.
wenn jedes Word auf der Zunge zergeht,
noch bevor sich der schwatzhafte Mund untersteht,
diese Stille mit Sprechen
zu brechen.
Ein Augenblick,
wo plötzlich kein Laut mehr zur Bühne dringt;
wo jedes Herz einen Schlag überspringt
und der Puls einen Takt lang nicht pulsiert,
kein Gedanke mehr das Erlebte verziert,
kein Kopf mehr versucht, alles abzurunden
In diesen Momenten, den leisen Sekunden,
in denen das Schweigen Bände spricht
und sichtbar wird im Rampenlicht,
in denen das Nichts so viel bedeutet,
weil manche verkrustete Seele sich häutet,
hat sich etwas bewegt.
Hamburg, März 1988
Ute Eichler